Drogennotfälle mit Opiaten

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R. Pfab · T. Zilker · Toxikologische Abteilung der II.Medizinischen Klinik der Technischen Universität, München Drogennotfälle mit Opiaten Suchtmittel verbreitete es sich mit dem Ende des Vietnamkrieges. Heute sind etwa 160000 Personen opiatabhängig [24]. Diacetylmorphin wird vorzugs- weise intravenös gespritzt, als Dampf inhaliert („auf Folie geraucht“) ge- schnupft oder als Zigarette geraucht. Mit der parenteralen Applikation wird der gewünschte Effekt erzielt, daß es rasch und zuverlässig im ZNS anflutet und damit zum „kick“ oder „rush“ führt. Heroin wird zwar auch gastroin- testinal resorbiert, unterliegt aber ei- nem first pass Effekt und die Resorp- tion dauert länger. Bei enteraler Zufuhr in ausreichender Menge, wie sie zum Beispiel gegeben ist, wenn einem Body- packer im Gastrointestinaltrakt ein Be- hälter platzt oder ein Drogenabhängi- ger, um Beweismittel zu vernichten, große Mengen Heroins verschluckt, kann es dennoch zu lebensbedrohli- chen Vergiftungen kommen [17]. Auf dem Schwarzen Markt gehan- deltes Heroin ist üblicherweise nicht rein, sondern mit herstellungsbeding- ten Beiprodukten sowie mit Streckmit- teln verunreinigt. Diesen Beimengun- gen werden oft gesundheitsschädliche Wirkungen zugeschrieben. Als produk- tionsbedingte Verunreinigungen wur- den nachgewiesen: Codein, Noscapin, Papaverin und Thebain [18]. Als Streckungsmittel zugesetzt werden: di- verse Zucker, Talkum, Barbiturate, Cof- fein; seltener Chinin, Procain, Borate. Strychnin wurde gelegentlich nachge- wiesen, jedoch nie in Mengen, die Ver- giftungen bewirken könnten. Nur selten ist der Zusammenhang zwischen ge- sundheitsschädigender Wirkung und Definition Mit dem Begriff Drogennotfälle ge- meint sind krankhafte Zustände, die akut oder subakut im Gefolge von Opiat- konsum auftreten und das Leben und die Gesundheit des opiatabhängigen Patienten bedrohen. Diese können sich ergeben aus der Art und Menge des konsumierten Opiats und aus der Kon- sumweise. Beispiele sind die akut be- drohenden Intoxikation („Überdosis“), Komplikationen an Organsystemen, z.B. Lungenödem, Rhabdomyolyse/Nie- renversagen, Komplikationen, die sich aus der Applikationsweise ergeben, bei- spielsweise Abszesse oder Endokardi- tis. Diskutiert werden sollen auch Kom- plikationen, die sich aus Begleitstoffen, wie z.B. Streckungsmitteln ergeben können. Nicht Thema sind psychoso- ziale und körperliche Folgen des lang- dauernden Opiatkonsums oder die chronischen Infektionen mit Hepatitis oder HIV. Substanzen: Opiate In Deutschland konsumieren Opiatab- hängige am häufigsten Heroin, Metha- don und Dihydrocodein. Weniger ver- breitet und daher seltener für Kompli- kationen verantwortlich sind Trama- dol, Tilidin, Morphium Pethidin und Pentazocin. Fentanyl und dessen illega- le Derivate („China White“), die in den USA für epidemieartig auftretende Komplikationen verantwortlich waren [44], sind hier bei Drogenkonsumenten unbekannt. Heroin (Diacetylmorphin) Heroin wurde 1874 als Hustenmittel entwickelt, erst 1904 erkannte man sei- ne Suchtpotenz; in Deutschland als Der Internist 6·99 | 611 Übersicht Internist 1999 · 40:611–616 © Springer-Verlag 1999 Zum Thema Die akuten somatischen Komplikationen des Drogenkonsums sind sehr vielfältig.Zum Teil werden sie durch die Drogen selbst verur- sacht, zum Teil aber auch durch mitinjizierte Substanzen,Verunreinigungen und Fremd- körper,die besonders bei parenteraler Appli- kation mit den Drogen in den Körper gelan- gen. Darunter spielen Bakterien,Viren und gelegentlich auch Pilze eine besonders wich- tige Rolle. In der vorliegenden Arbeit werden diese Komplikationen besprochen, unter besonde- rer Berücksichtigung der hierzulande am häufigsten eingenommenen Drogen Heroin, Dihydrocodein (DHC) und Methadon. Sehr wichtig ist für die ambulante Praxis auch, die Symptome eines Drogenentzugs- syndroms nicht zu verkennen und rechtzei- tig die gebotenen Schritte einzuleiten. Auch dazu werden therapeutische Empfehlungen gegeben (s. dazu u.a. die Arbeit von D. Ladewig et al. in diesem Heft). Schlüsselwörter Drogen, Entzug · Drogen, Komplikationen · Sucht Dr. Dr. R. Pfab Toxikologische Abteilung, II.Medizinische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität Ismaninger-Straße 22, D-81664 München& / f n - b l o c k : & b d y :

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R. Pfab · T. Zilker · Toxikologische Abteilung der II.Medizinischen Klinik der Technischen

Universität, München

Drogennotfällemit Opiaten

Suchtmittel verbreitete es sich mit demEnde des Vietnamkrieges. Heute sindetwa 160000 Personen opiatabhängig[24]. Diacetylmorphin wird vorzugs-weise intravenös gespritzt, als Dampfinhaliert („auf Folie geraucht“) ge-schnupft oder als Zigarette geraucht.Mit der parenteralen Applikation wirdder gewünschte Effekt erzielt, daß esrasch und zuverlässig im ZNS anflutetund damit zum „kick“ oder „rush“führt. Heroin wird zwar auch gastroin-testinal resorbiert, unterliegt aber ei-nem first pass Effekt und die Resorp-tion dauert länger. Bei enteraler Zufuhrin ausreichender Menge, wie sie zumBeispiel gegeben ist, wenn einem Body-packer im Gastrointestinaltrakt ein Be-hälter platzt oder ein Drogenabhängi-ger, um Beweismittel zu vernichten,große Mengen Heroins verschluckt,kann es dennoch zu lebensbedrohli-chen Vergiftungen kommen [17].

Auf dem Schwarzen Markt gehan-deltes Heroin ist üblicherweise nichtrein, sondern mit herstellungsbeding-ten Beiprodukten sowie mit Streckmit-teln verunreinigt. Diesen Beimengun-gen werden oft gesundheitsschädlicheWirkungen zugeschrieben. Als produk-tionsbedingte Verunreinigungen wur-den nachgewiesen: Codein, Noscapin,Papaverin und Thebain [18]. AlsStreckungsmittel zugesetzt werden: di-verse Zucker, Talkum, Barbiturate, Cof-fein; seltener Chinin, Procain, Borate.Strychnin wurde gelegentlich nachge-wiesen, jedoch nie in Mengen, die Ver-giftungen bewirken könnten. Nur seltenist der Zusammenhang zwischen ge-sundheitsschädigender Wirkung und

Definition

Mit dem Begriff Drogennotfälle ge-meint sind krankhafte Zustände, dieakut oder subakut im Gefolge von Opiat-konsum auftreten und das Leben unddie Gesundheit des opiatabhängigenPatienten bedrohen. Diese können sichergeben aus der Art und Menge deskonsumierten Opiats und aus der Kon-sumweise. Beispiele sind die akut be-drohenden Intoxikation („Überdosis“),Komplikationen an Organsystemen,z.B. Lungenödem, Rhabdomyolyse/Nie-renversagen, Komplikationen, die sichaus der Applikationsweise ergeben, bei-spielsweise Abszesse oder Endokardi-tis. Diskutiert werden sollen auch Kom-plikationen, die sich aus Begleitstoffen,wie z.B. Streckungsmitteln ergebenkönnen. Nicht Thema sind psychoso-ziale und körperliche Folgen des lang-dauernden Opiatkonsums oder diechronischen Infektionen mit Hepatitisoder HIV.

Substanzen: Opiate

In Deutschland konsumieren Opiatab-hängige am häufigsten Heroin, Metha-don und Dihydrocodein. Weniger ver-breitet und daher seltener für Kompli-kationen verantwortlich sind Trama-dol, Tilidin, Morphium Pethidin undPentazocin. Fentanyl und dessen illega-le Derivate („China White“), die in denUSA für epidemieartig auftretendeKomplikationen verantwortlich waren[44], sind hier bei Drogenkonsumentenunbekannt.

Heroin (Diacetylmorphin)

Heroin wurde 1874 als Hustenmittelentwickelt, erst 1904 erkannte man sei-ne Suchtpotenz; in Deutschland als

Der Internist 6·99 | 611

ÜbersichtInternist1999 · 40:611–616 © Springer-Verlag 1999

Zum Thema

Die akuten somatischen Komplikationen des

Drogenkonsums sind sehr vielfältig. Zum Teil

werden sie durch die Drogen selbst verur-

sacht, zum Teil aber auch durch mitinjizierte

Substanzen,Verunreinigungen und Fremd-

körper, die besonders bei parenteraler Appli-

kation mit den Drogen in den Körper gelan-

gen. Darunter spielen Bakterien,Viren und

gelegentlich auch Pilze eine besonders wich-

tige Rolle.

In der vorliegenden Arbeit werden diese

Komplikationen besprochen, unter besonde-

rer Berücksichtigung der hierzulande am

häufigsten eingenommenen Drogen Heroin,

Dihydrocodein (DHC) und Methadon.

Sehr wichtig ist für die ambulante Praxis

auch, die Symptome eines Drogenentzugs-

syndroms nicht zu verkennen und rechtzei-

tig die gebotenen Schritte einzuleiten. Auch

dazu werden therapeutische Empfehlungen

gegeben (s. dazu u.a. die Arbeit von

D. Ladewig et al. in diesem Heft).

Schlüsselwörter

Drogen, Entzug · Drogen, Komplikationen ·

Sucht

Dr. Dr. R. PfabToxikologische Abteilung, II. Medizinische Klinik

und Poliklinik der Technischen Universität

Ismaninger-Straße 22, D-81664 München&/fn-block:&bdy:

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Beimengung so klar nachweisbar, wiebei chinininduzierten Immunthrombo-zytopenien [6, 48] oder bei pulmonalenGranulomen durch Talkembolien [36].

„Straßenheroin“ hat einen Diace-tylmorphingehalt zwischen 20% und70%. Der Reinheitsgrad und der Preisvon Heroin sind entsprechend derMarktlage starken Schwankungen un-terworfen. Gehalte unter 2% kommenebenso vor wie über 90%. Heroinab-hängige konsumieren täglich 1–5 g Stra-ßenheroin [9].

Dihydrocodein (DHC)

Dihydrocodein wird meist auf 2–3 Ein-zelgaben verteilt. DHC wird von Ab-hängigen häufig zusammen mit Alko-hol auf nüchternen Magen konsumiert,um so ein rasches Anfluten im ZNS unddamit einen heroinartigen „Kick“ zuerzielen.

Methadon

Das Opioid wurde das ursprünglich alsAnalgetikum mit etwa gleicher Wir-kungsstärke (auf Gewichtsbasis) wieMorphin entwickelt. Seit Februar 1998ist es bundeseinheitlich zur Substituti-on Opiatabhängiger zugelassen. Hierzuwird es als Saft oder Tropfen zu 5 mg/ml(0,5%) L-Polamidon® oder 10 mg/ml(1%) Methadon-Racemat („Methadon“)konfektioniert. Methadon kann vor al-lem bei mehrfach täglicher Gabe undbei Niereninsuffizienz akkumulieren.Seine Pharmakokinetik schwankt inter-individuell stark. Für nicht opiatadap-tierte Erwachsene können 50 mg, fürKinder 10 mg tödlich sein [9].Auch Me-thadon wird von Abhängigen häufigzusammen mit Alkohol konsumiert,um so ein rascheres Anfluten und Ver-stärkung der Wirkung zu erreichen.

Buprenorphin, Tramadol, Tilidin

Buprenorphin ist ein langwirkendesOpiatanalgetikum mit der etwa 25-fa-chen Wirkungsstärke von Morphin (aufGewichtsbasis). Wegen des starken firstpass Effekts wird es sublingual appli-ziert. In lokalen Drogenszenen ist es alsSuchtstoff bereits etabliert [28]. Trama-dol spielt als Suchtmittel in der illegalenDrogenszene nur eine geringe Rolle. Eswird hier nur erwähnt, weil es im Un-terschied zu den anderen Opiaten häufi-

Überdosen fachpsychiatrisch explo-riert werden müssen.

Überdosis – Symptomatik –Therapie

Symptomatik

Das üblicherweise bei Opiatintoxikatio-nen beobachtete klinische Bild ist ein-heitlich: Miosis, ZNS-Depression (So-mnolenz bis tiefes Koma), Bradypnoebis Apnoe, später Bradykardie und Hy-potonie, Hypothermie.

Therapie

Die Vergiftungserscheinungen lassensich mit der i.v. Gabe von 0,4–2 mg desOpiatantagonisten Naloxon aufheben,sofern es sich um eine Monovergiftungmit Opiat handelt. In den meisten Fäl-len (im eigenen Krankengut 95%) ha-ben die Patienten, die wegen Überdosishospitalisiert werden, mehrere Gifte(typischerweise Opiate in Kombinationmit Benzodiazepinen und Alkohol) ein-genommen. Hier kann eine zusätzlicheInjektion des Benzodiazepinantagoni-sten Flumazenil diagnostisch hilfreichsein. War die Gabe von Naloxon erfolg-reich, kann bei Nachlassen der WirkungNaloxon so oft wie nötig nachinjiziertoder Naloxon als Dauerinfusion gege-ben werden.

Die Wirkungsdauer der konsu-mierten Opiate übertrifft meistens diekurze Wirkdauer von Naloxon (bei He-roin ca. 30 min). Deshalb müssen auchnach Naloxongabe die Vitalparameterbis zum Abklingen der Opiatwirkungintensiv überwacht werden. Eine gewis-ser Depot-Wirkung kann mit der i.m.oder s.c. Gabe von Naloxon erreichtwerden. Der Effekt ist aber nicht zuver-lässig genug, daß auf eine intensiveÜberwachung verzichtet werden kann.Die Abhängigen empfinden meistensdas Entzugssyndom so belästigend, daßsie sich der weiteren medizinischenVersorgung entziehen wollen. Das Ent-zugssyndrom und die damit verbunde-nen Komplikationen lassen sich umge-hen, indem man Naloxon gerade so do-siert, daß zwar die Atemdepression auf-gehoben ist, der Patient aber noch keineEntzugssymptome entwickelt. Alterna-tiv kann der Patient auch so lange ma-schinell beatmet werden, bis die Opiat-wirkung abgeklungen ist.

ger zu epileptischen Anfällen führt [15,39, 47]. Tilidin ist ebenfalls als Sucht-stoff in der illegalen Drogenszene nichtweit verbreitet und unbeliebt weil eszusammen mit dem Antagonisten Na-loxon konfektioniert vermarktet wird.Es sei aber hier erwähnt, daß bei massi-ver Überdosierung der Gehalt an Nalo-xon nicht ausreicht um die atemdepres-sorischen Effekt von Tilidin zu antagoni-sieren [46].

Überdosis

Der Begriff „Überdosis“ ist unscharf,weil der Opiatabhängige naturgemäßÜberdosen, das heißt übertherapeu-tisch hohe Dosen konsumieren muß,um den von ihm gewollten Effekt zu er-zielen. Üblicherweise kennen Abhängi-ge die Opiatmengen, die sie ohne le-bensbedrohliche Intoxikationserschei-nungen tolerieren. Es gibt aber Stan-dardsituationen, die regelmäßig zuschweren, ärztlich behandlungsbedürf-tigen Vergiftungen führen:

1. Opiatgebrauch von nicht adaptiertenPersonen. Typischerweise bedrohtsind Erstkonsumenten oder längerAbhängige mit erstmaligem Konsumnach längerer Abstinenz (z.B. nachHaftentlassung).

2. Konsum von Heroin unerwartet ho-hen Reinheitsgrades oder Konsumzusammen mit Suchtmitteln, derenWirkung nicht richtig eingeschätztwird (typischerweise Doxepin).

3. Polyvalenter Suchtmittelkonsum, vorallem in Verbindung mit Alkohol. Imeigenen Krankengut hatten im Jahr1997 48,6% der wegen Überdosis ein-gelieferten Opiatabhängigen Patien-ten einen Blutalkoholgehalt >2‰.

4. Lebenskrisen – Parasuizidale Hand-lung – SuizidversuchDie Suizidrate ist bei Drogenabhän-gigen 5–20mal so hoch wie in der al-tersentsprechenden Normalbevölke-rung [41]. Die jährliche Mortalität beiDrogenabhängigen liegt zwischen1,1% und 2,3%, hiervon sind 14% bis30% Suizide [32, 42]. Im eigenenKrankengut sind etwa 16% der beiDrogenabhängigen stationär behan-delten Überdosen auf parasuizidaleHandlungen oder Suizidversuche zu-rückzuführen. Hieraus folgt zwin-gend die Konsequenz, daß drogenab-hängige Patienten nach schweren

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Bodypacker/Bodystuffer

Überdosen sind zu befürchten sind,wenn bei sogenannten Bodypackernsich zur Drogenbeförderung verwandteBehälter öffnen [17, 26]. Bodypackerschmuggeln in ihrem Gastrointestinal-trakt oft große Mengen von Drogen vonhäufig exquisiter Reinheit. Die Drogenwerden zumeist in mehrere Lagen Kon-dome gepackt. Manchmal wird auchAluminiumfolie in die Verpackung ein-bezogen. Der Darm wird oft pharmako-logisch ruhiggestellt. Am Zielort ange-kommen, scheiden die Transporteuredie Behältnisse dann auf natürlichemWeg aus.

Probleme entstehen, wenn sich einBehälter im Körper öffnet und großeMengen der Droge gastrointestinal re-sorbiert werden. Bei eingetretener Into-xikation ist die Therapie zunächst sym-ptomatisch. Über die Vorgehensweisezur Entfernung der Behälter bestehtkeine Einigkeit. Die beschriebenenMaßnahmen reichen von Abwartenund Zählen der ausgeschiedenen Be-hälter, über induzierte Emesis undDarmlavage, endoskopische Entfer-nung bis hin zur laparaskopisch chirur-gischen Fremdkörperextraktion. JedeManipulation ist mit Risiken verbun-den. Da die Heroinvergiftung gut mitBeatmung und Naloxon zu behandel-bar ist, kann man sich bei Body-packern, die nur Heroin transportieren,auf eine intensive Beobachtung be-schränken. Desweiteren Probleme machtdie Diagnose, da nicht alle Behälter ra-diologisch sichtbar sind. Am bestensichtbar sind Behälter, die zwischen denLatexlagen negativen Kontrast gebendeLuft oder positiven Kontrast gebendeAluminiumfolie enthalten. In der Regelwissen aber die Transporteure über dieAnzahl der Behälter, die sie geschluckthaben, Bescheid [17, 26].

Komplikationendes Drogenkonsums

Pulmonale Komplikationen

Ein lebensbedrohendes Krankheitsbildist das opiatinduzierte Lungenödem,das bereits 1880 von Osler erstmalig be-schrieben wurde [36]. Es wird häufignach Überdosen von Heroin [8, 50] undMethadon [21, 45], z.B. bei akzidentiel-ler Methadonvergiftung von Kindern

hender Schocksymptomatik entwickeltsich das Vollbild eines Lungenversagens(ARDS), das eine langfristige Respira-tortherapie zur Folge hat. Wird diesepulmonale Störung nicht beherrscht, sosterben die Patienten im Multiorgan-versagen.

Weitere pulmonale Komplikationensind bei intravenösem DrogenabususMikroembolien durch beim Spritzender Drogen mitinjizierte Fremdkörperwie Talkum oder Filterreste. Sie könnenzur Granulombildung und zu pulmona-ler Hypertonie führen.Septische Emboli-en sind Ursachen für intrapumonale Ab-szesse [36]. Talkum kann so wie in denLungenkapillaren auch in die Kapillar-gefäße der Retina embolisieren und sozu Sehstörungen führen [9].

Die Inhalation von Heroin-Dämp-fen – z.B. beim „von der Folie Rauchen“kann schwerste und teilweise tödlichverlaufende Asthmaanfälle verursa-chen [1, 12]. Ursache hierfür kann dieintrinsische Histaminfreisetzung durchHeroin sein [36] oder auch eine Sensi-bilisierung mit Antikörperbildung ge-gen Morphin, wie man sie sowohl beiArbeitern in opiatverarbeitenden phar-mazeutischen Betrieben als auch beiOpiatabhängigen findet [1, 4]. Bei ana-phylaktoiden Reaktionen auf Opiatekann die Gabe von Naloxon hilfreichsein [49].

Komplikationen der Muskulatur

Bei Vergiftungen mit narkotisierendenSubstanzen wie Schlafmittel, Drogenoder Kohlenmonoxid treten häufigDruckläsionen an Muskeln und peri-pheren Nerven auf, wenn der intoxi-kierte Patient längere Zeit unbeweglichauf einer harten Unterlage liegt oder ineiner Abschnürungen verursachendenStellung schläft (z.B. Hockstellung mitengen Jeans). Die Schäden entstehenaus einer Kombination von abschnü-rungs- oder hypotoniebedingter Isch-ämie, druckbedingter Mikrozirkulati-onsstörung, Kälte und Hypoxämie.Schwere Rhabdomyolysen mit myoglo-binurischem Nierenversagen, Hyperka-liämien und Kompartmentsydromensind keine Seltenheit. Hierin unter-scheiden sich Drogenvergiftungen nichtvon Vergiftungen mit anderen narkoti-sierenden Substanzen. Allerdings kannes bei Heroin- und Methadonvergiftun-gen ohne die oben beschriebene Immo-

Methadon-substituierter Eltern [2] be-obachtet. Es entsteht unabhängig vomApplikationsweg der Droge ob intrave-nös, peroral oder inhalativ. Typischer-weise ist der Patient dabei intoxikati-onsbedingt komatös, bradypnoeischund zyanotisch; über der Lunge könnenRasselgeräusche auskultiert werden.Das Lungenödem kann aber auch nachAbklingen der ZNS-Depression oderauch ganz ohne Koma auftreten. DasRöntgenbild der Lunge zeigt das typi-sche Bild eines Lungenödems, wobeidie Herzkontur schmal ist. Der pulmon-alkapilläre Wedgedruck ist nicht er-höht. Die in die Alveolen ausgetreteneÖdemflüssigkeit ist eiweißreich. In 75%der Fälle ist das Lungenödem von einerbakteriellen Lungenentzündung beglei-tet. [30, 36].

Die Genese des Lungenödems istnicht bekannt, verschiedene Pathome-chanismen werden diskutiert.Am plau-sibelsten ist die Entstehung durch einenhypoxischen Kapillarschaden in Kom-bination mit einem erhöhten pulmo-nalarteriellen Druck. Zur Pathogenesekönnen aber auch eine Heroin-indu-zierte Histaminfreisetzung, eine Hyper-sensitivität oder neurogene Ursachenbeitragen [30, 36]. Interessanterweisegibt es auch Berichte über das Auftretenvon Lungenödem nach der Gabe vonNaloxon bei der Behandlung von Opiat-vergiftungen [5, 20, 43] und sogar nachGabe von Naloxon ohne vorherige Opi-atvergiftung [37]. Das spricht dafür, daßes wahrscheinlich opiatrezeptorvermit-telte neurogene Ursachen für das Lun-genödem gibt.

Über die Therapie des opiatindu-zierten Lungenödems gibt es keinekontrollierten Studien. Beatmung mitPEEP ist sinnvoll. Die Gabe von Diureti-ka kann erwogen werden, obgleich derzugrundeliegende Schaden ein Kapil-larleck ist. Der Gebrauch von Kortikost-eroiden ist nicht evaluiert. Wenn keinebegleitende Infektion vorliegt, heilt dasLungenödem innerhalb von 72 h aus,obwohl auch längere Verläufe bekanntsind [50]. Als häufigste pulmonaleKomplikation ist die Aspirationspneu-monie zu betrachten. Aufgrund derstark sedierenden Wirkung der Opiatekommt es zum Reflux von Mageninhalt,der dann aspiriert wird. Die Säure inKombination mit der Hypoxämie führtzu Bronchopneumonie. Bei langen Hy-poxämiezeiten mit gleichzeitig beste-

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bilisierung selten zu direkt toxischenSchädigungen der Muskulatur mit Rhab-domyolysen, um Teil auch mit kardialerBeteiligung, und mit akutem, myoglo-binurischem Nierenversagen kommen[19, 38]. Therapie des myoglobinuri-schen Nierenversagens ist die Alkalisie-rung des Urins, solange noch Urin aus-geschieden wird, Flüssigkeits- undElektrolytausgleich, Eiweißersatz undüberbrückende Hämodialyse. Die Pro-gnose ist in der Regel gut. Bei Druck-schäden an den Extremitäten mußsorgfältig auf die Ausbildung eins Kom-partmentsyndroms geachtet werdenund gegebenenfalls frühzeitig eine Fas-ziotomie vorgenommen werden.

Eine ganz andere Entität ist ein zu-meist selbstlimitierendes, nichtinfek-tiöses muskulokutanes Syndrom mitMyalgien, Arthralgien, Schwellungenund Fieber, das mit Heroin-Verunreini-gungen in Zusammenhang gebrachtwurde [23]; Zusammenhänge mit einereventuell begleitenden Hepatitis wur-den allerdings nicht untersucht.

Nierenversagen

Neben Nierenversagen durch Rhab-domyolysen werden bei Drogenabhän-gigen mit intravenösem Drogenkon-sum Nierenschäden durch Glomerulo-nephritiden und Amyloidosen be-schrieben [3, 7]. Ein großer Teil der inden 70er und 80er Jahren vermeintlichdurch Heroin verursachten Glomerulo-nephritiden kann aus heutiger Sichtwahrscheinlich als mit Hepatitis C as-soziierte Nephropathien interpretiertwerden [29]. Die sekundären Amyloi-dosen bei intravenösen Drogenkonsu-menten sind auf diverse, rezidivierendebzw. chronische bakterielle Infekte wieEndokarditiden oder Pyodermien zu-rückzuführen [7].

Ein funktionelles durch Opiatinto-xikation verursachtes Nierenversagenwird in Zusammenhang mit die Mikro-zirkulation der Nieren regulierendenOpiatrezeptoren gebracht, da Naloxondie Urinausscheidung wieder in Gangbringt [22].

Neurotoxizität

Anders als Alkohol scheinen Opiatekeine direkte neurotoxische Langzeit-wirkung zu haben. Es gibt aber eineReihe von neurologischen Komplika-

fektionen manifestieren sich als lokaleAbszesse im Bereich der Injektionsstel-len, nach lymphogener Wanderung alsFasziitis [33] oder hämatogen gestreutals Infektion in jedem erreichbaren Or-gan. Am häufigsten davon betroffensind die Herzklappen [25]. Typisch istdie Trikuspidalklappenendokarditis mitzumeist Staphylokokkenbesiedelung undhäufigen septischen Pulmonalemboli-en. Die anderen Klappen werden imVergleich dazu häufiger mit Enterokok-ken besiedelt [27]. Endokarditidenkommen aber auch mit allen andernKeimen vor.

Weitere Prädilektionsstellen für hä-matogen gestreute Abszesse sind dieKnochen (häufig Wirbelkörper) unddie Milz [10]. Unter fortgesetztem Dro-genkonsum bemerken die Patientenwegen der analgetischen Wirkung derOpiate die von den Abszessen ausge-henden Schmerzen nicht. Erst im Rah-men eines Entzuges klagen die Patien-ten dann über Schmerzen. Hier ist danndie Differentialdiagnose zwischen Ent-zugsbeschwerden und infektiöser Ursa-che (z.B. Spondylitis – Rückenschmer-zen) nur auf Grund klinischer Beob-achtung schwer.

Sowohl der Entzug als auch dieEntzündungen können Schmerzen,subfebrile Temperaturen und mäßigeLeukozytosen verursachen. Im Zwei-felsfall sollte man deshalb großzügigdie bildgebende Diagnostik anwenden.Die bei septischen Komplikationen amhäufigsten gefundenen Keime sind Sta-phylokokken mit normaler Antibioti-kaempfindlichkeit, gefolgt von Strepto-kokken und Pneumokokken [40]. Hin-gewiesen sei auf Infektionen mit toxin-bildenden Clostridien, die Tetanus undBotulismus verursachen können [5, 52].In lokalen Drogenszenen kamen ende-misch generalisierte Candidainfektio-nen nach dem Gebrauch braunen Hero-ins mit Zitronensaft vor [5].

Zu den septischen Komplikationengehört auch die bei Heroinkonsumen-ten oft beobachtete Pustulosis. Hierkönnen die Eintrittspforte Kratzläsio-nen sein, da bei einigen Drogenabhän-gigen der Heroingebrauch mit generali-siertem Juckreiz verbunden ist [31].

Komplikationen des intravenösenDrogenkonsums können sich auch ausder anatomischen Lage der Injektions-stellen ergeben. Da nach langem intra-venösem Drogenabusus die Unterarm-

tionen in Zusammenhang mit Opiatab-usus. Die meistens gutartig verlaufen-den Druckläsionen peripherer Nervensind am Häufigsten.

Tragischer sind hypoxische Hirn-schäden infolge prolongiert unbehan-delter, schwerer Intoxikationen. Da diePatienten aber zumeist jung sind, sollteman das Rehabilitationspotential die-ser Patienten nicht unterschätzen.

Nach Heroinintoxikationen kön-nen auch lokale zerebrale und spinaleIschämien mit entsprechender fokaleroder Halbseiten-Symptomatik vorkom-men [16]. Der Pathomechanismus istnicht bekannt. Diskutiert werden Hy-persensitivitätsreaktionen; diese wer-den auch als Ursache diskutiert beinach Heroininjektionen beobachtetenFällen von lumbalen und brachialenPlexitiden. [35].

Das Rauchen von Heroin scheintzu einer verzögerten Leukenzephalopa-thie zu führen [34]. Dieses Syndrom ge-hört an sich nicht zu den akut auftre-tenden Drogennotfällen, wird hier abererwähnt, weil die Drogenkonsumentenglauben, beim Rauchen von Heroinkaum Risiken einzugehen. In der Tatvermeiden sie nur die Risiken, die mitdem intravenösen Drogenkonsum ver-bunden sind.

Risiken durch intravenösenDrogenkonsum

Die Komplikationen, die durch Mikro-embolien inerter Fremdkörper entste-hen, sind bereits erwähnt worden. DieAbhandlung der Risiken durch Hepatitisund HIV würde den Rahmen dieser Ar-beit sprengen. Erwähnt sei aber eine In-fektionsquelle, die den meisten Dro-genkonsumenten nicht bewußt ist.VieleAbhängige benützen heute als erfreuli-che Folge der besseren Aufklärung ei-gene Spritzen und Kanülen und ver-meiden das „needle sharing“. Sie filtrie-ren aber bei gemeinschaftlichem Hero-inkonsum das erhitzte und aufgelösteHeroin durch einen gemeinsam be-nützten Filter, über den dann die Virenübertragen werden können.

Septische Komplikationen

Septische Komplikationen entstehendurch die unhygienischen Bedingun-gen unter denen die Drogen intravenösoder subkutan gespritzt werden. Die In-

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Übersicht

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venen oft obliterieren, spritzen sich dieAbhängigen auch in größere Gefäße wiedie Femoralvenen, Vv jugularis interna,oder sogar in die Interkostalgefäße;Fehlpunktionen kommen vor [11, 13, 14].

Entzugssyndrom

Drogenabhängige ohne Entzugsmoti-vation würden unter dem Begriff Dro-gennotfall am ehesten das mit dem Ver-siegen des Opiatnachschubs verbunde-ne Entzugssyndrom verstehen. Typi-scherweise treten solche Situationenauf, wenn versäumt wurde, rechtzeitigzur täglichen Methadonvergabe zu er-scheinen, wenn die Methadonvergabeaus welchen Gründen auch immer ärzt-licherseits verweigert wurde bzw. wenndie Patienten kein Geld zum Einkaufvon Drogen mehr haben. Häufig stellensich die Patienten dann mit der Forde-rung nach Verschreibung von Opiatenbei Ärzten vor, denen sie unbekanntsind. Bevor man diesem Wunsch nach-kommt, sollte aber bedacht werden, daßdas Opiatentzugssyndrom unter sym-ptomatischer, das heißt opiatfreier, Be-handlung niemals lebens- oder gesund-heitsbedrohend ist. Objektivierbare Ent-zugserscheinungen sind: Naselaufen,Gänsehaut, Erbrechen, Durchfall, Inap-petenz, Hypertonie, Tachykardie, rest-less legs, Muskelzucken, erhöhte Tem-peratur und Mydriasis. Subjektiv emp-fundene Entzugserscheinungen sindFrieren, Hitzeempfinden, Gliederschmer-zen, innere Unruhe und Schlafstörun-gen. Epileptische Anfälle treten norma-lerweise beim Opiatenzug nicht auf.Symptomatische Maßnahmen sind dieGabe von Clonidin (bis 1,5 mg/die unterBeobachtung von Puls und Blutdruck),Antidiarrhoika, Antiemetika, nötigen-falls Flüssigkeits- und Elektrolytersatz.Bei opiatabhängigen schwangeren Frau-en ist ein Methadongestützter Entzugohne nachteilige Folgen für Mutter undKind jederzeit möglich, wenn die Pati-entin engmaschig gynäkologisch be-treut wird, um eine eventuell vom zurasch durchgeführten Entzug ausgelö-ste frühzeitige Wehentätigkeit rechtzei-tig abfangen zu können [51].

Zusammenfassung

Komplikationen bei OpiatabhängigenDrogenkonsumenten entstehen beiÜberdosierungen, und der Art der Ap-

nach schweren Intoxikationen sowie zere-brale und spinale Ischämien mit fokalerund Halbseitensymptomatik.

Septische Komplikationen. Das weite Spek-trum septischer Infektionen reicht vonPyodermien, Pustulosis durch Kratzeffekte,Abszessen in Injektionsbereichen bis hinzu septischen Pulmonalembolien,Trikuspi-dalendokarditiden, hämatogen gestreutenAbszessen in Knochen und anderen Orga-nen. Meist handelt es sich dabei um bak-terielle, gelegentlich auch um Pilzinfek-tionen.

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plikationsweise. Pulmonale Komplika-tionen wie ARDS, Lungenödem und beiInhalation Asthma sind häufig, ebensowie bakteriell septische Komplikatio-nen, Endokarditiden oder lokale Ab-szesse. Von den dem Heroin zugesetz-ten Streckungsmitteln werden nur sel-ten gesundheitsschädliche Wirkungenüberprüfbar verursacht. Das Entzugs-syndrom ist nicht lebensbedrohlichund kann ebenso wie alle anderenKomplikationen symptomorientiert be-handelt werden. Opiatentzüge in derSchwangerschaft sind möglich.

Fazit für die Praxis

Zu den zahlreichen akuten somatischenKomplikationen des Drogenkonsums zäh-len in erster Linie:

Lungen. Das opiatinduzierte Lungenödemmit typischer klinischer Symptomatik wirdhäufig nach Überdosierung von Heroinund Methadon beobachtet, in ca. 75% derFälle begleitet von einer bakteriellenPneumonie.Weitere Lungenkomplikatio-nen sind Aspirationspneumonien undMikroembolien; letztere haben ihre Ursa-che in mitinjizierten Fremdkörpern wiez.B.Talkum oder Filterresten. Des weiterentreten nach Inhalation von Heroindämpfeneventuell tödlich verlaufende Asthmaan-fälle auf.

Muskulatur. Durch Lagerung, Hypotonie,Kälte und Hypoxämie kommt es zu Rhab-domyolysen und Kompartmentsyndrom,eventuell sogar zum myoglobinurischenNierenversagen. Gelegentlich bildet sichein nichtinfektiöses muskulokutanes Syn-drom mit Myalgie, Arthralgie, Schwellun-gen und Fieber aus, als dessen UrsacheHeroin-Verunreinigungen vermutet wird.

Nieren. Neben Myoglobinurie finden sichGlomerulonephritiden und Amyloidosen.Während besonders die früher beschriebe-nen Glomerulonephritiden vermutlich alsNephropathien in Zusammenhang mitHepatitis C zu deuten sind, dürften Amyloi-dosen Folgen rezidivierender bakteriellerInfekte, besonders Endokarditiden undPyodermien sein.

Zentrales und peripheres Nervensystem.Häufig sind meist komplikationsloseDruckläsionen peripherer Nerven, proble-matisch dagegen hypoxische Hirnschäden

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